Das „Baby-Tragen“ ist von der Evolution vorgesehen und bringt Vorteile mit sich. Die Haltung des Kindes beim Tragen übt wenig Druck aus und verhindert so Fehlstellungen. Außerdem wird die Bindung zwischen dem Träger und dem Kind gestärkt.
Alle Eltern kennen die schmerzenden Arme, die Rückenbeschwerden – Babys wollen getragen werden. Auch dann, wenn Mama gerne mal sitzen bleiben und Papa lieber den Buggy schieben würde. Woran das liegt? Früher waren wir Menschen Nomaden. Noch aus dieser Zeit ist es verwurzelt, dass Kinder getragen werden wollen. Säuglinge sind sogar anatomisch darauf „programmiert“, auf der Hüfte der Mama abgesetzt zu werden. Achten Sie nur mal darauf: Wenn Sie Ihr Baby hochheben, zieht es dafür sogar instinktiv schon die Beine an.
„Traglinge“ orthopädisch begründet
Um den plötzlichen Kindstod zu vermeiden ist eine Rückenlage für Babys empfohlen. Das Liegen auf dem Hinterkopf tut aber dem weichen Schädel eines Kindes auf Dauer nicht gut. Circa jedes fünfte Kind bekommt davon eine Plagiocephalie, also einen „Schiefkopf“. Diese Verformung kann langwierige Folgen für ein Kind haben: Ästhetisch, aber auch durch Fehlhaltungen für die sensomotorische Entwicklung.
Damit die Schwerkraft also nicht immer gleich auf das Köpfchen Ihres Kindes einwirkt sollten Sie es wenn es wach ist beispielsweise auf den Bauch legen, und eben tragen. Das belastet den Kopf des Nachwuchses nämlich fast gar nicht. Und wenn es nicht getragen wird, kommt ein Kind heute ja kaum aus seiner horizontalen Position heraus. Auch Hüftdysplasien sind seltener bei Kindern, die viel getragen werden. Für Eltern mit Muskelkater: Es können ja auch Hilfen, zum Beispiel Tragetücher, genutzt werden.
Weniger Weinen und besseres Einschätzungsvermögen
Kinder Weinen weniger, sind ruhiger, wenn sie viel getragen werden. Das kann an einer gewissen Versicherung durch eine immer konstante Reaktion auf Unwohlseinsäußerungen des Kindes liegen. In diesem Fall: Das „Hochnehmen“. Ein anderer Grund für den Effekt ist der intensive und häufige Kontakt zu Mama oder Papa.
Eltern nehmen das Befinden ihres Kindes nicht nur über auditive Signale wahr, sondern nehmen es ganzheitlich auf – durch Bewegungen, kaum hörbare Laute und Ähnliches. Dieser Vorgang wird sehr viel effektiver und einfacher bei regem Kontakt mit dem Baby, indem man es trägt. Die Eltern-Kind-Bindung wird stärker, Mama und Papa werden nachweislich sensibler und feinfühliger für die Bedürfnisse ihres Kindes. Dieses verlässliche Mittel, das eigene Kind zu beruhigen, macht Eltern so auch in ihrer Elternrolle allgemein sicherer. Aus Babys Sicht ist das Getragenwerden natürlich auch intensiver, als das Liegen in einer Babyschale. Mit allen seinen Sinnen nimmt das Kind seinen Träger wahr, baut eine stärkere Verbindung zu ihm auf. Nebenbei ist das Kind dann auch beweglicher, passt seine Position an, sodass sie angenehm ist, und kann steuern ob es sich nach „außen“ wenden will oder seine Ruhe mit dem Köpfchen „im“ Tragetuch genießt.
Quelle: Kinderarzt und Wissenschaftler Dr. med. Herbert Renz-Polster, Autor „Kinder verstehen. Born to be wild – wie die Evolution unsere Kinder prägt“; Tragen aus kinderärztlicher Sicht.